Sectio

Der heutige Beitrag beschäftigt sich ausschließlich mit der Induktion des Kreuzstiches bei Sectio, d.h. die Allgemeinanästhesie wird nicht behandelt. Grundlagen des Beitrages sind v.a. folgende Quellen: S1 Leitlinie Geburtshilfliche Analgesie und Anästhesie der DGAI (Link), Society for Obstetric Anesthesia and Perinatology (Link) und Practice Guidelines for Obstetric Anesthesia der American Society of Anesthesiologists (Link).

Grundlagen

Die Sectio caesarea (Kaiserschnitt) stellt für das geburtshilfliche und anästhesiologische Personal eine besondere Herausforderung dar, da grundsätzlich mind. zwei Patienten (Mutter und Fetus) zu versorgen sind. Sie wird in unterschiedliche Dringlichkeitsgrade eingeteilt, denen diverse Entscheidungs-Entbindungszeiten (EEZ) zugrunde liegen. Bei der Not- bzw. eiligen Sectio beträgt diese maximal 20-30 Minuten (Link). Indikationen (Link) sind u.a. Wunsch der Mutter, pränatal festgestellte Placentaprobleme (z.B. Placenta accreta), spezielle Fehllagen des Kindes oder prolongierter Geburtsverlauf mit Gefährdung des Fetus.

Während das Neugeborene nach der Geburt meist dem Pädiater zur Versorgung übergeben wird, obliegt die Fürsorge bis zur Geburt dem geburtshilflichen (z.B. fetales Herzmonitoring, Indikationsstellung zur Durchführung der Sectio) und anästhesiologischen Team (optimale Vorbereitung bzw. kompetente Betreuung, z.B. Prämedikation mit dem H2-Blocker Ranitidin 300 mg p.o. 2h vor geplanter Sectio und Natriumcitrat 30 ml 10 Minuten vor jeglicher Sectio zur Anhebung des pH-Wertes).

Als 1. Wahl (selbst bei der Notsectio, Link) gilt gemeinhin der Kreuzstich (SPA, Spinalanästhesie), da eine Narkoseeinleitung der Mutter mit erheblichen Problemen vergesellschaftet ist (Link):

  • 8-fach erhöhte Inzidenz der gescheiterten Intubation (Link)
  • kaum O2-Reserven (reduzierte FRC und erhöhte CC, da der Uterus auf die basalen Lungenabschnitte drückt, erhöhter O2-Verbrauch)
  • vulnerabler, gut durchbluteter Atemweg (traumatische Intubation oder traumatischer Intubationsversuch bedingt Blutungen und Schwellungen)
  • erhöhte Aspirationsgefahr (ARDS) durch erhöhte intragastrale Drücke, Reflux und Hemmung der gastralen Motilität

Heißt im Klartext: wir wollen die Narkoseeinleitung der Schwangeren unbedingt vermeiden!

Vorteilhaft ist weiters, dass die Mutter die Geburt selbst miterleben kann und das Kind nach der pädiatrischen Freigabe mit dem Kindsvater gemeinsam in Empfang nehmen kann. Ebenso kann sie dem Anästhesieteam das derzeitige Wohlbefinden jederzeit kommunizieren. Es ist wichtig, dass wir stets wachsam bleiben, denn mögliche Komplikationen (jeder Geburt) sind u.a. Fruchtwasserembolie, cardiale Dekompensation und Hämorrhagie. Deshalb erhält jede Frau die sich einer Sectio unterzieht zwei Zugänge in zumindest grüner Farbe.

Induktion der Spinalanästhesie

Bei der SPA wird ein Gemisch aus Lokalanästhetikum (LA, Bupivacain hyperbar oder isobar; hyperbar = schwerer als Liquor, d.h. Bupivacain verteilt sich entsprechend Schwerkraft und Lagerung der Mutter im Spinalraum) und Opioid (Sufentanil oder Fentanyl) in den Liquorraum injiziert. Dies führt idealerweise zu einer Betäubung von Th4 abwärts (ab Mamille). Wurde früher alleinig mit LA betäubt, gilt heute eine Mischung aus LA und Opioid als Lege Artis. Das LA führt nämlich nicht nur zu einer Schmerzausschaltung, sondern auch zu einer Sympathikolyse, was regelhaft einen erheblichen RR-Abfall bedingt. Da der Uterus keine Autoregulation besitzt ist die Perfusion des Kindes vom RR der Mutter abhängig. Das Opioid wirkt auch schmerzausschaltend, hemmt aber keine sympathischen Fasern, weshalb es eine Dosisreduktion des LA ermöglicht. Dies erklärt die Routineindikation.

Die DGAI empfiehlt explizit Bupivacain 0,5% hyperbar 10 mg + Sufentanil 2,5-5 mcg (die Literatur empfiehlt teils bis 10 mcg), alternativ ist auch die Kombi mit Fentanyl 15 mcg (Dosisrange 10-25 mcg) möglich (Link). Da in meinem Klinikum kein hyperbares Bupivacain und auch kein Sufentanil genutzt wird mische ich Bupivacain 0,5% isobar 12,5 mg mit Fentanyl 25 mcg und verabreiche dies intrathekal. Dies führt zu einer raschen und effektiven Spinalanästhesie innerhalb von 5 Minuten! Eine relevante Nebenwirkung von Opioiden ist der Juckreiz (Pruritus, behandelbar mit i.v. Nalbuphin, siehe Link) sowie eine verzögert mögliche Atemdepression, wiewohl ich beide Nebenwirkungen mit meiner Mischung zum Glück noch nie erlebt habe. Es scheint wohl unerheblich zu sein ob man hyper- oder isobares Bupi verwendet (Link).

Kreislaufstabilisierung

Phenylephrin gilt als Vasopressor der 1. Wahl zur RR-Therapie (Link). Als Alternativen werden Akrinor, Ephedrin oder Noradrenalin gelistet. Ephedrin war früher 1. Wahl, wurde aber durch Phenylephrin verdrängt, da es mit metabolischer Acidose des Fetus assoziiert ist (als Methamphetamin-Vorläufer kurbelt es den kindlichen Stoffwechsel an). Parallel werden 500-1000 ml Kristalloid tropfend verabreicht. Neben der SPA ist auch das Vena-Cava-Inferior-Kompressionssyndrom für den Kreislauf problematisch, da der Uterus durch die Cavakompression die Vorlast reduziert. Empfohlen ist daher ein Kippen des OP-Bettes um 15-30° nach links (Link) bzw. bei manchen Patientengruppen sogar nach rechts (Link). Beachte, dass durch das Acygossystem relevante Kollateralen bestehen, die die Kompression teils kompensieren, v.a. wenn der Kreislauf durch Vasopressoren unterstützt wird (Link).

Grundsätzlich ist ein Phenylephrinperfusor empfohlen (Start mit 25-50 mcg/min i.v.), welcher mit Beginn der Kreuzstichanlage gestartet wird. Ich habe auf solch eine Mischung keinen Zugriff, weshalb ich mir anders behelfen muss: mit Induktion der SPA verabreicht die Pflege 0,2-0,4 mg Phenylephrin i.v. als Bolus und parallel wird eine NaCl 0,9% 100 ml Flasche mit 1 mg Phenylephrin langsam tropfend gestartet. Mit dieser Schiene konnte ich relevante RR-Abfälle bisher immer effektiv abfangen. Eine übliche Nebenwirkung von Phenylephrin ist die Reflexbradycardie, welche jedoch nicht behandelt werden muss wenn der Blutdruck dabei stabil ist.

Sollte der Kreislauf bei Bradycardie und unter laufendem Phenylephrin hypoton sein, so kann das Anticholinergikum Glycopyrrolat verabreicht werden, welches die Placenta dankenswerterweise nicht passiert (im Gegensatz zu Atropin).

CAVE: Denke bei Übelkeit / Schwindel der Schwangeren unter SPA primär an die Hypotonie!

Cheers.


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