aeCOPD

Unter COPD versteht man eine chronisch verlaufende Lungenerkrankung, die durch Entzündung im Bereich der kleinen Atemwege, Hypersekretion von Schleim, Obstruktion, Emphysembildung und Fibrosierung charakterisiert ist. Ausgelöst wird diese primär durch inhalative Noxen (zB Tabakrauch, Luftverschmutzung), bei Menschen < 50J auch durch einen Mangel an α1-Antitrypsin. Die Konsequenz ist in allen Fällen ein Überhang an Proteasen mit Zerstörung der Lungenstruktur.

Der Symptomkomplex setzt sich primär aus Belastungsdyspnoe, Husten und schleimigem Auswurf zusammen. Auskultatorisch finden sich aufgrund der Bronchialobstruktion Giemen und Brummen. Therapeutisch wird daher insbesondere durch Ursachenbehebung (zB Rauchen ex), inhalative Bronchodilatatoren (β2-Mimetika wie Formoterol, Anticholinergika wie Ipratropium) und inhalative Steroide (zB Budesonid) eingegriffen.

Das Auftreten einer akut exacerbierten COPD (aeCOPD) ist gefürchtet und tritt va in den Herbst- und Wintermonaten auf. Diese ist durch Aggravierung der Symptomatik charakterisiert – es droht eine therapierefraktäre Bronchialobstruktion mit Atemversagen, da die Atemmuskulatur rasch erschöpft. Klinisch erkennbar ist dies an Sprechdyspnoe, angestrengter Atmung und ausgeprägter Cyanose. Eine arterielle Blutgasanalyse zeigt initial zunächst Hypoxämie und Hypokapnie (Hyperventilation), mit zunehmendem Atemversagen letztlich eine Hyperkapnie bis hin zu dadurch bedingtem Koma. Es gilt anzumerken, dass COPDler aufgrund chronischer Limitierung des exspiratorischen Flusses mit unvollständiger Ausatmung und gestörtem Gasaustausch eher erhöhte arterielle CO2-Werte (bis 60 mmHg) „physiologischerweise“ zeigen – dies ist daher bei dieser Patientengruppe zunächst nicht allzu beunruhigend.

Therapeutisch hat sich initial folgendes Vorgehen bewährt:

  1. O2 (SaO2-Zielwert 88-92%, siehe hier)
  2. β2-Mimetikum p.i. (zB Salbutamol 5 mg)
  3. Anticholinergikum p.i. (zB Ipratropium 0,25 mg)
  4. Prednisolon p.o. oder i.v. (40 mg für mind. 5 Tage; siehe GOLD-Leitlinien)
  5. Antibiotikum i.v. bei stationären Patienten (zB Amoxicillin-Clavulansäure oder Piperacillin-Tazobactam)

Kommt es zu keiner deutlichen Besserung innerhalb kurzer Zeit, so setze ich folgende Maßnahmen:

  1. β2-Mimetikum i.v. (zB Terbutalin in 0,1 mg Schritten; die subcutane Gabe wird praktiziert, hat aber bei einer aeCOPD nichts verloren, da man weder weiß wann und wie viel resorbiert wird)
  2. Bronchodilatation über Magnesium 2 g i.v.
  3. NIV-Therapie (IPAP 10 cm H2O, EPAP 3-5 cm H2O), dabei eventuell Sedierung mit 1-2 mg Midazolam, 2,5-5 mg Morphin, 3-6 mg Piritramid, Remifentanil (bis 0,1 mcg/kg/min i.v.) oder Dexmedetomidin (bis 1,4 mcg/kg/h i.v.)

Kommt es auch unter dieser Therapie weiterhin zur Verschlechterung (zunehmende Bewusstseinstrübung bis hin zum Koma), so muss eine Notfallnarkose mit trachealer Intubation durchgeführt werden (bestenfalls Kombination der bronchodilatierenden Substanzen Esketamin und Propofol). Die korrekte Beatmung von Patienten mit obstruktiven Erkrankungen wird in einem künftigen Beitrag behandelt werden.

War da nicht noch was? Ach ja genau, Atemstillstand durch zu hohe O2-Zufuhr. Ich wage zu behaupten, dass der Großteil der medizinisch tätigen Menschen dem Irrtum unterliegt, dass bei einem COPDler die Hypoxämie der wichtigste Atemantrieb ist und nicht mehr wie normalerweise die Hyperkapnie (s.o.). Deshalb würde eine zu hohe O2-Zufuhr mit Normalisierung des PaO2 die Chemorezeptoren „zufriedenstellen“, sodass keine atemantreibenden Reize mehr in die Medulla oblongata verbracht werden. Dies ist grundlegend falsch. Die wahren Gründe für Atemversagen bzw Apnoe durch Atempumpversagen durch zu hohe O2-Zufuhr bei COPD-Patienten sind:

  1. Inhibition der hypoxisch-pulmonalen Vasokonstriktion (→ Umverteilung von Blut in die nun gut belüfteten Alveolen → aufgrund Destruktion ist aber nur eingeschränkte Gasdiffusion möglich → beeinträchtigte O2-Aufnahme und CO2-Abgabe → Hypoxämie und Hyperkapnie verstärkt)
  2. Haldane Effekt (→ desoxygeniertes Hämoglobin [Hb] bindet vermehrt CO2 → hohe O2-Zufuhr bedingt Oxygenierung des Hb mit Freisetzung von gebundenem CO2 bzw beeinträchtigter CO2-Bindung durch ebendieses oxygenierte Hb → Hyperkapnie)

Cheers.


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