Heute geht es um das orale Antihypertensivum meiner Wahl – Amlodipin. Die blutdrucksenkende Wirkung wird primär über periphere Calcium-Kanalblockade an Gefäßmyocyten erreicht, was zu einer Vasodilatation führt. Ich verordne 5 mg 1x/d, bei Bedarf Erhöhung auf 2x 5 mg/d. Durch das langsame Anfluten kommt es zu einer graduellen (mehrere Stunden benötigenden) Blutdrucksenkung, die dann bis zu 48h anhält. Eine Reflextachycardie wie beim schnell und kurz wirksamen Nifedipin, das derselben Klasse angehört, findet sich üblicherweise nicht, weshalb Amlodipin auch für Patienten mit kürzlich erlittenem Herzinfarkt, bei Herzinsuffizienz mit refraktärer Hypertonie und KHK geeignet ist. Nebenwirkungen sind grundsätzlich bei kurzer Einnahme irrelevant, in der Dauertherapie kann es aber zu belastenden Beinödemen kommen.
Na gut, jetzt könnte man argumentieren, dass ich als Anästhesist und Intensivmediziner sowieso keinen Blutdruck einstellen muss… Leider bleibt mir das NICHT erspart!!! 😂 Spätestens dann, wenn man auf der Intensivstation mit hypertensiven Patienten konfrontiert ist und reversible Ursachen ausgeschlossen hat (z.B. Schmerz). Ich rede hier aber von hypertensiven Entgleisungen OHNE Symptome einer Endorganschädigung (z.B. Insult, Lungenödem). Im Notfall hat Amlodipin aufgrund des verzögerten Wirkeintritts bzw. unvorhersagbaren Wirkung nichts verloren – Urapidil ist da z.B. eine bessere Wahl.
Grundsätzlich sind asymptomatische Blutdruckerhöhungen bzw. Entgleisungen bei bekannten Hypertonikern (die ihre Medikamente nicht eingenommen haben) nicht akut therapiebedürftig (Link). Es reicht also ein graduelles Absenken der Werte über 1-2 Tage. Und genau hier kommt Amlodipin ins Spiel. Sicherlich könnte man auch andere Medikamente verwenden wie z.B. einen ACE-Hemmer (erfordert aber vorsichtigere Einstellung, da ein dramatischer RR-Abfall die Folge sein kann) oder einen Beta-Blocker (senkt RR initial aber nicht so gut wie Amlodipin, siehe hier). Die Europäischen Fachgesellschaften für Kardiologie bzw. Hypertonie (Link) zählen Amlodipin übrigens zu den Mitteln der 1. Wahl. Es konnte letztlich auch gezeigt werden, dass es in der chronischen Therapie effektiv das Risiko für Herzinsuffizienz und Schlaganfall senkt.
Zusammenfassend ist Amlodipin aus obig genannten Gründen mein orales Antihypertensivum der 1. Wahl.
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