Aspirin und TVT

Die Autoren von www.gasnarkose.at sind auch in der Arbeit dafür bekannt, dass sie sich mit Themen auseinandersetzen, die eigentlich als unantastbar gelten. Wir hinterfragen jahrzehntelange medizinische Grundregeln und jetzt ist es schon wieder passiert. Acetylsalicylsäure (ASS; Aspirin) zur Prophylaxe von tiefen Venenthrombosen (TVT)? Sind wir völlig irre? Nun, schauen wir uns doch mal die Evidenz an…

ASS ist ein nicht-steroidales Antirheumatikum (NSAR), welches schon in Dosen < 100 mg die Thrombocytenaggregation hemmt. Entsprechend hat es sich in der lebenslangen Sekundärprophylaxe von ischämischen Insulten und Myocardinfarkten bewährt. Für lange Zeit wurde angenommen, dass Thrombocyten primär bei arteriellen Thrombosen relevant sind, bei venösen aber nicht. Tatsächlich konnte aber nachgewiesen werden, dass dem nicht so ist. Bei der TVT spielen neben den üblichen Risikofaktoren wie Gerinnungssstörungen oder Immobilisation auch sog. „Neutrophil Extracellular Traps (NET)“ und Mikropartikel aus Thrombocyten, welche Thrombin (FIIa) und andere Komponenten des Gerinnungssystems aktivieren, eine bedeutende Rolle. ASS unterbindet die Bildung dieser Botenstoffe (Link, Link).

Aber wie sieht das nun mit der Effektivität und Empfehlungen aus? In einer Studie mit > 40 000 Patienten, die eine Knieprothese erhalten haben, wurde ASS mit Antikoagulanzien (zB Enoxaparin) verglichen und es zeigte sich, dass die alleinige Gabe von ASS zur TVT-Prophylaxe effektiv und mit weniger Blutungen assoziiert war. Die NICE-Guidelines (2018) empfehlen ASS als Option zur TVT-Prophylaxe von Patienten, die sich einer Hüft- oder Knieprothesen-OP unterzogen haben. Diese Empfehlung wird in Großbritannien mittlerweile auch vermehrt umgesetzt. Auch die Europäische Gesellschaft für Anästhesiologie (ESA) sowie die American Society of Hematology (ASH) schlagen in dieselbe Kerbe, wobei es für allgemeinchirurgische OPs noch keine Daten bzw. keine Empfehlung gibt.

Zusammenfassend spielt ASS eine Rolle in der TVT-Prophylaxe, auch wenn viele Gegenteiliges behaupten. Als Kandidaten empfehlen sich zB. Patienten, die eine totale Hüft- oder Knieprothesen-OP bzw. operative Versorgung einer Hüftfraktur erhalten haben und ein erhöhtes Blutungsrisiko oder niedriges TVT-Risiko vorweisen.


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