Operationen in Bauchlage (z.B. lumbaler Bandscheibeneingriff) sind im klinisch-anästhesiologischen Alltag mittlerweile Routine (Link). Nach Narkoseeinleitung und Intubation erfolgt das koordinierte Drehen des Patienten von der Rücken- in die Bauchlage. Diese Phase ist besonders gefährlich, da das Monitorings vorübergehend diskonnektiert wird und im Rahmen der Drehbewegung eine Dislokation des Atemwegs bis hin zu Pressen des Patienten durch zu flache Narkose drohen. Prophylaktische Maßnahmen die ich daher ergreife sind ein Aufoxygenieren des Patienten zur Schaffung einer O2-Reserve bei akzidentieller Extubation, Vertiefung mittels Propofol und Gabe eines kreislaufstabilisierenden Medikamentes, z.B. Akrinor.
Der Kopf wird in Bauchlage regelhaft in einer gepolsterten Schale gelagert, wobei insbesondere die Augen-, Mund und Halspartien frei bleiben müssen. Ein Spiegel gegenüber dem Gesicht ermöglicht dessen Einsehen zu jeder Zeit. Gravitationsbedingt kann es bei prolongierter Bauchlage zu massiver Schwellung der Zunge bzw. periglottischen Region kommen, was eine Extubation am OP-Ende unmöglich macht. In den Lehrbüchern liest man häufig vom Cuff-Leak-Test, d.h. man entleert die Luft aus dem Cuff und beobachtet, ob bei Exspiration schwellungsbedingt das beinahe selbe Tidalvolumen wie bei der Inspiration gemessen wird. Normalerweise würde das exspiratorische Tidalvolumen niedriger als das inspiratorische Tidalvolumen sein, da ein Teil der Ausatemluft am leeren Cuff vorbeiströmt. Leider zeigen Daten, dass der Cuff-Leak-Test nur bedingt aussagekräftig ist (Link). Eventuell scheint hier der Ultraschall eine Abhilfe zu schaffen (Link). Im Zweifel empfiehlt sich die Nachbeatmung auf der Intensivstation in Oberkörperhochlage.
Eine weitere erhebliche Komplikation ist die druck-, lagerungs- oder ischämiebedingte Schädigung des Sehsystems. Durch direkten Druck, eingeschränkten venösen Abfluss oder prolongierte Hypotoniephasen kann es von der Bulbusnekrose bis hin zum Glaucomanfall oder Ischämie des N. opticus bzw. der Sehrinde kommen.
Ein Sonderfall ist der intraoperative Herz-Kreislauf-Stillstand in Bauchlage, der beispielsweise an einem plötzlichen Verlust der Kapnographie (oder Nulllinie in der arteriellen Druckkurve) erkannt werden kann. Ursachen können u.a. die Luft-, Fett oder Zementembolie sein, aber auch Hämorrhagie oder Anaphylaxie sind denkbar. Laut Leitlinien des Resuscitation Counsils United Kingdom (RCUK) sind die initialen Kernmaßnahmen der Hilferuf, das Fluten (v.a. bei Verdacht auf Luftembolie) oder Ausstopfen und Abdecken des OP-Gebietes sowie der Beginn einer Herzdruckmassage (ca. 1-2 Wirbel unterhalb einer gedachten Linie zwischen den beiden Anguli inferiores der Schulterblätter, direkt auf der Wirbelsäule, Link, Link). Da durch die anatomische Nähe insbesondere der linke Ventrikel komprimiert wird ist die HDM in Bauchlage laut RCUK sogar effektiver als in Rückenlage. Bedeutet im Klartext: falls die Rückenkompressionen effektiv sind (siehe etCO2, arterielle Kurve) besteht grundsätzlich keine Eile den Patienten sofort in die Rückenlage zu verbringen. Defibrillatorpads können biaxillär geklebt werden. Die empfohlene Einzeldosis von Adrenalin beträgt 0,05-0,1 mg, um bei ROSC eine massive Hämorrhagie in das OP-Gebiet zu unterbinden.
Zusammenfassend birgt die Bauchlage einige erhebliche Herausforderungen und ist somit dem erfahrenen Anästhesisten zu überlassen. Ein vorausschauendes Vorgehen mit Beachtung der Sonderpunkte (siehe CPR) ermöglicht die sichere Durchführung der Narkose. Auch auf der Intensivstation (siehe ARDS) ist eine CPR bei Kreislaufstillstand in Bauchlage sofort mittels Rückenkompressionen zu initiieren, da das Drehen in die Rückenlage Minuten dauert (Link).
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