Geburtshilfliche Notfälle sind in unseren Breitengraden glücklicherweise relativ selten. Problematisch wird es besonders dann, wenn man mit einem Geburtsvorgang konfrontiert ist, der nicht so verläuft wie man es sich vorgestellt hat. Zwar gibt es innerklinisch dann die Möglichkeit einen Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe beizuziehen, draußen (präklinisch) sind wir als Notärzte bzw. Sanitäter jedoch gefordert. Wir besitzen keine Routine, keine Erfahrung und – sind wir uns ehrlich – auch keine fundierte Ausbildung im Management von Kindern, die uns beim Geburtsvorgang Probleme bereiten. Wahrscheinlich würden jetzt die meisten sagen: Therapie der Wahl sind Tocolytika und DIESEL.
Glücklicherweise gibt es jedoch ein Manöver, das auch wir als geburtshilfliche „Laien“ anwenden können. Die Rede ist vom McRoberts-Manöver, das nach dem Gynäkologen und Geburtshelfer Dr. Will McRoberts (USA) beschrieben ist. Er selbst wandte dies 1955 das erste Mal bei einer Schulterdystokie an, publiziert wurde es aber erst 1983 (Link). Die Indikation des McRoberts-Manövers ist somit die Schulterdystokie, die mit einer Inzidenz bis 3% gar nicht so selten ist und auch ohne erkennbare Risikofaktoren wie Makrosomie auftreten kann.
Bei einer Schulterdystokie (großartiger Fachartikel und Grundlage unseres Beitrags hier) ist das Kind mit der vorderen oder hinteren Schulter im Geburtskanal gefangen und „steckt“ quasi fest. Dies ist u.a. an dem sog. Turtle Sign erkennbar (Kopf verschwindet nach jeder Wehe im Vaginaltrakt). Das Kind ist gefährdet, Clavicula- oder Humerusfrakturen bzw. Verletzungen des Plexus Brachialis zu erleiden. Ist die Nabelschnur eingeklemmt so droht eine Asphyxie. Die Schulterdystokie ist somit ein geburtshilflicher Notfall, kann jedoch oft mittels McRoberts-Manöver gelöst werden.
Beim McRoberts-Manöver werden beide Hüften flektiert, da dies zu einer ausgeprägten Öffnung des Geburtskanals führt. Zusätzlich kann mit der Faust oder mit den Handflächen ein transsuprapubischer Druck auf die anteriore Schulter ausgeübt werden, um diese unter der Symphyse durchzuführen. Seht euch die Abbildung an (Link).
Es handelt sich somit um eine relativ simple Maßnahme, die auch wir im Rettungsdienst anwenden können. Sollte dies nicht zum Erfolg führen, so müssen wir präklinisch drastischere Schritte ergreifen, welche aus der Tocolyse (z.B. Terbutalin, Hexoprenalin, Magnesium, Nitro s.l.) und dem sog. Zavanelli-Manöver besteht. Dieses wurde erstmals 1985 beschrieben (Link) und besteht aus zwei Manövern: erstens wird das Kind so gedreht, dass das Hinterhaupt nach superior zeigt, und zweitens wird das Kind dann in den Geburtskanal zurückgeschoben. Beide Manöver (v.a. wenn McRoberts mit suprapubischem Druck kombiniert wird) sind schmerzhaft, weshalb der Frau auf jeden Fall eine Schmerztherapie (z.B. Fentanyl!) und bestenfalls retrograde Amnesie (z.B. Midazolam) zu verabreichen ist! Bereits 1999 konnte mit dem Zavanelli-Manöver eine Erfolgsrate von 92% zur vorübergehenden Behandlung der Schulterdystokie nachgewiesen werden (Link).
Zusammenfassend ist die Schulterdystokie ein geburtshilflicher Notfall, welcher mittels einfacher Maßnahmen behandelbar ist. Bei fehlendem Ansprechen auf das McRoberts-Manöver sind eine Tocolyse, weitere Analgesie und Amnesie, das Zavanelli-Manöver und Diesel (Kreißsaal) zu initiieren!
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