Metamizol zählt zu den wichtigsten Nicht-Opioid-Analgetika in Österreich und findet sich im Standardrepertoire eines jeden Anästhesisten. Die schmerzstillende Wirkung (Link, Link) beruht ua. auf einer unspezifischen Blockade von Cyclooxygenase-Enzymen (COX) sowie von Calcium-Kanälen (Spasmolyse!). Dadurch ergeben sich analgetische, antipyretische und nur schwach antiphlogistische Wirkungen. Metamizol zählt nicht zu den nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR, Link), somit ist eine Kombinationstherapie (z.B. mit Parecoxib) zulässig. Als übliche Dosis empfehlen sich laut Fachinfo 10-15 mg/kg i.v. oder p.o. (auch im Kindesalter, wobei Kinder < 1J Metamizol parenteral nur i.m. erhalten dürfen), beim Erwachsenen somit 0,5-1 g i.v. / p.o., wobei im klinischen Alltag bei (erwartbaren) starken Schmerzen auch 2 g i.v. injiziert werden. Eine Einzeldosis kann bis zu 4x/d verabreicht werden, wobei laut Fachinfo die Grenze der i.v.-Gabe bei 5 g/d liegt.
Nebenwirkungen sind im Allgemeinen relativ selten. So kann es bei zu schneller Gabe aufgrund von Vasodilatation zu einem drastischen Blutdruckabfall bis hin zum Kreislaufzusammenbruch kommen (Link). Hinzu kommt v.a. bei hoher Tagesdosis die Gefahr von gastrointestinalen Blutungen (Link). Ansonsten ist Metamizol ein sehr sicheres und in der Regel gut verträgliches potentes Schmerzmittel, insbesondere wenn eine spasmolytische Komponente besteht. Die Wirkung von 2 g Metamizol entspricht der Wirkung von 10 mg Morphin (Link).
Die größte Kontroverse besteht sicherlich um die Agranulocytose, welche der Grund ist, wieso Metamizol in vielen Ländern verboten ist. In diesem Übersichtsartikel ist die Entwicklung des Verbots großartig beschrieben. Eine 1986 publizierte Studie schätzte das Agranulocytose-Risiko unter Metamizol auf 1 : 1 Million. Seitdem hat sich – wie im Artikel beschrieben – viel getan, was eine Neubewertung des Agranulocytose-Risiko möglich machte, sodass laut den Autoren die Conclusio gezogen werden kann, dass das Agranulocytose-Risiko bei 1 pro 2 Millionen ambulante Anwendungen und nach 1-wöchiger Behandlung bei 1 zu 95 000 – 286 000 liegt. Die Letalität einer erkannten und behandelten Agranulocytose beträgt 10%, womit laut den Autoren mit einer Mortalität von 1 pro 5-15 Millionen ambulanten Tagesanwendungen bzw. 1 pro 0,95-2,9 Millionen Anwendungen über 1 Woche zu rechnen ist. Somit ist das Risiko, an einer Metamizol-induzierten Agranulocytose zu versterben, niedriger als das Todesrisiko durch eine gastrointestinale oder cardiovaskuläre Komplikation durch ein NSAR. 1998 stellte Andrade in dieser Arbeit fest, dass die berechnete Mortalität pro Einnahme über eine Woche aufgrund von Agranulocytose, gastrointestinalen Blutungen oder Anaphylaxie bei Diclofenac 592 / 100 Millionen, bei Acetylsalicylsäure 185 / 100 Millionen, bei Metamizol 25 / 100 Millionen und bei Paracetamol 20 / Millionen betrug, was die Sicherheit der Substanz verdeutlichte.
Zusammenfassend lässt sich mit Blick auf die USA sagen, dass eine Opioidkrise sicherlich nicht besser ist als die fehlende Zulassung eines potenten Schmerzmittels, das in seiner Anwendung sicher ist. Metamizol ist das Bindeglied zwischen den Opioiden (siehe Piritramid, Nalbuphin, Fentanyl) und Nicht-Opioiden (siehe Parecoxib, Paracetamol). Metamizol ist ein sicheres Analgetikum, das Nebenwirkungsprofil überschaubar, das Agranulocytoserisiko sehr niedrig (Link, Link). Patienten sollten aber bei ambulanter Einnahme über Symptome einer Agranulocytose (Halsschmerzen, Fieber) aufgeklärt werden, da die Prognose bei frühzeitiger Therapie (Granulocyten-Stimulierender-Faktor) gut ist.
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